Wie soll ich weiterleben ohne dich?

In den ersten Wochen nach dem Tod meines Mannes Andreas schwebte diese Frage ständig über mir.

Diese Frage bestimmte meinen Tag, meinen Abend und auch die endlosen schlaflosen Nächte.

 

Heute blicke ich zurück und ich frage mich immer noch, wie ich überleben konnte, obwohl mir der Tod meinen Boden unter den Füßen weggerissen hatte. Ich fiel und fiel und fiel – ich befand mich im freien Fall ... Ende offen.

Innerlich hatte ich zwar gewusst, dass Andreas stirbt, aber mein Verstand wollte mein die Diagnose und die damit verbundene palliative Prognose nicht wahrhaben. Mein Verstand und mein Willen gaukelten mir auch weiterhin vor „Wir schaffen das - der Tod schafft uns nicht.“ Nach vielen Wochen des Wegschauens meinerseits, das mir auch die Chance des bewussten Abschieds nahm, musste ich dann abrupt feststellen, dass ich mich geirrt hatte. Diese Erkenntnis war so entsetzlich schmerzhaft, dass ich von diesem Zeitpunkt mir selbst und meinem Urteilsvermögen nicht mehr traute.

 

Es folgten viele Wochen einer Reise, in der ich viele schmerzliche und auch wertvolle Erfahrungen sammelte.  Wenn du jetzt gerade noch an dem Anfang deiner „Reise nach einem Verlust“ stehst, möchte ich dir gerne ein paar Dinge sagen:

  • Bitte schau nicht zurück, wenn es noch zu schmerzvoll ist. Es wird ein Tag kommen, an dem du alte Videos und Fotos anschauen kannst. Übereile nichts.
  • Tue alles, um durch deinen Tag zu kommen – keine Scham, keine Bewertungen, keine Urteile und (Selbst-)Verurteilung. Gehe durch deinen Tag. Sorge dich nicht um deine Nachbarn, Kollegen und deine Freunde. Du musst nicht für sie funktionieren und dich zeigen. Nur du bist wichtig – nicht die anderen.
  • Ja, es ist sehr traurig und auch tragisch. Worte können es jetzt gerade nicht besser für dich machen.
  • Bitte höre nicht auf die hilflosen Phrasen der anderen wie z.B. da, wo dein geliebter, verstorbener Mensch jetzt ist, hat er/die es jetzt besser oder Gott gibt uns nur so viel, wie wir auch verarbeiten können. 
  • Diese Phrasen sind jetzt mehr als du gerade verarbeiten kannst.

 

Es wird ein Tag kommen, an dem dein Herz nicht mehr so schwer ist und sich nicht mehr so gebrochen  anfühlt. An diesem Tag wirst du auch aufhören können zu weinen.

Das wird der Beginn deiner langsamen Heilung sein.

 

Ich weiß, dass du diesen Tag erkennen wirst so wie ich ihn auch erkannt habe.

Der schmale Abstand zwischen dem Schmerz und unseren Tränen ist ein Wunder – dieser Abstand verändert sich immer wieder neu bis er schließlich größer wird.

Bis dahin, auch wenn es an manchen Tagen nicht auszuhalten ist, wisse, dass du nicht allein bist.

 

Irgendwo in der Ferne gibt es mich, und ich kann mir gut vorstellen, wie du dich gerade fühlst....

 

Mit lieben Wünschen

Daniela